Jürgen Leister
Unternehmensnachfolge – ein rechtlicher Überblick
Teil 1: Gestaltungsmöglichkeiten
„Der Vater erstellt`s, der Sohn erhält`s und den Enkeln zerfällt`s“- sofern man dem Volksmund Glauben schenkt, ist die Lebensdauer von Familienbetrieben auf drei Generationen beschränkt. Neben betriebswirtschaftlichen und steuerlichen Überlegung sind auch rechtliche Aspekte bei einer erfolgreichen Unternehmensnachfolge zu berücksichtigen.
Das Thema „ Unternehmensnachfolge“ hat erhebliche praktische Relevanz. Im Zeitraum 2002 bis 2008 sind etwa 23 Prozent der mittelständischen Familienunternehmen an einen neuen geschäftsführenden Inhaber übergegangen (laut Studie des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung) . Aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung wird die Notwendigkeit einer geplanten Unternehmensfortführung zunehmen.
Die Nachfolge innerhalb der Familie zu Lebzeiten des Übergebers kann im Wesentlichen wie folgt gestaltet werden:
- Unternehmensübertragung als vorweggenommene Erbfolge
- Übertragung des Unternehmens gegen Rente oder wiederkehrende Leistungen
- Kauf des Unternehmens
Sollte sich kein Nachfolger im Kreis der Familie finden, so kommt ein Verkauf an einen oder mehrere leitende Angestellte in Betracht (sog. Management-Buy-out). Sofern auch dies nicht möglich ist bleibt noch die Möglichkeit, sich Führungspersonal einzukaufen (sog. Management-Buy-In), wobei das Unternehmen in eigenen Händen verbleibt.
Schließlich kommt noch die Verpachtung des Unternehmens in Betracht, sofern andere Formen der Unternehmensübergabe ausscheiden.
Welche Gestaltungsform im konkreten Einzelfall vorzugswürdig ist sollte unter sorgfältiger Abwägung unter Einbeziehung personeller, steuerlicher und rechtlicher Gegebenheiten entschieden werden. Bei einem Verkauf des Unternehmens ist der Verkäufer nicht von dem unternehmerischen Geschick des Käufers abhängig, der Käufer hat sofort freie Verfügungsgewalt. Bei einer Übertragung des Unternehmens gegen Rente oder wiederkehrende Leistung zahlt der Nachfolger den vereinbarten Kaufpreis nicht in einem Betrag. Vielmehr wird der Kaufpreis auf Basis von Rente, Raten oder einer dauernden Last über einen längeren Zeitraum entrichtet. Der Vorteil für den Käufer besteht darin, dass er gegebenenfalls nicht auf eine Fremdfinanzierung angewiesen ist. Nachteilig dabei ist, dass der Verkäufer vom Erfolg seines Nachfolgers abhängig ist. Wiederkehrende Leistungen lassen sich aber z.B. auch mit einer Hypothek absichern. Die Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist hingegen die familien- und unternehmensfreundlichste Variante. Hier kann im Vorfeld ein etwaiger Konflikt zwischen den Erben befriedet werden und der Senior verbleibt oftmals noch im Unternehmen. Ein fließender Übergang für Kunden und Belegschaft ist daher sichergestellt.
Nach einer aktuellen Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) blieb der frühere Inhaber noch in zwei Drittel der Fälle weiter aktiv. Gut ein Fünftel der Unternehmen hat einen externen Nachfolger, knapp drei Fünftel bleiben in der Hand der Familie. Der Rest geht an Personen, die bereits im Unternehmen gearbeitet hat.
Unternehmensübertragung als vorweggenommener Erbfolge-notarieller Pflichtteilsverzicht
Hier übergibt der der Unternehmer zu seinen Lebzeiten das Unternehmen an seine Erben. Sofern mehrere Erben vorhanden sind, das Unternehmen aber nur an einen Erben übertragen werden soll, weil er beispielsweise die beruflichen Voraussetzungen mitbringt, so ist ein Erbausgleich erforderlich. Die Erben, an die das Unternehmen nicht übertragen werden soll, müssen notariell den Pflichtteilsverzicht erklären und vom Übergeber entsprechende Ausgleichsleistungen bekommen, um das Unternehmen im Bestand zu sichern und es vor einer zerstrittenen Erbengemeinschaft zu schützen. In diesem Zusammenhang ist die Bewertung des Unternehmens von besonderer Bedeutung, da hiervon die Höhe des Ausgleichsanspruchs abhängt. Nur dann, wenn die Miterben, die nicht in die Unternehmensnachfolge eintreten sich „gerecht“ abgefunden fühlen, können dauerhaft Konflikte innerhalb der Familie vermieden werden. Zur Unternehmensbewertung gibt es kein allgemeines Bewertungsverfahren, mit dessen Hilfe sich der Wert eines Unternehmens eindeutig bestimmen lässt. Vielmehr bestehen verschiedene Berechnungsverfahren, wie zum Beispiel: Ertragswertverfahren, Substanzwertverfahren, Mittelwertverfahren oder Stuttgarter Verfahren. Diese Verfahren ermöglichen die Ermittlung von Annäherungswerten und können - je nach Branche - modifiziert werden. Unterschieden wird insbesondere in vergangenheits- und zukunftsbezogene Verfahren.
Die Unternehmensbewertung ist eine schwierige, aber wesentliche Aufgabe im Rahmen der Unternehmensnachfolge. Der Käufer will einen minimalen, der Verkäufer einen maximalen Preis erreichen. Die verschiedenen Berechnungsverfahren führen darüber hinaus zu Unterschieden in der Höhe des errechneten Unternehmenswertes. Eine Unternehmensbewertung sollte deshalb nicht ohne Mitwirkung eines erfahrenen Beraters erfolgen (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Unternehmensberater mit entsprechendem Fachwissen, Sachverständiger für Unternehmensbewertung).Auch die regionalen Industrie- und Handelskammern halten eine Vielzahl von Informationen zur Unternehmensnachfolge bereit.
Unternehmensübertragung gegen Rentenzahlung
Hier wird der Kaufpreis für das Unternehmen im Rahmen von regelmäßigen (monatlichen) Leistungen erbracht. Bei dieser Lösung ist insbesondere auf eine sorgfältige steuerrechtliche Gestaltung zu achten. Der Sonderabgabenabzug für private Versorgungsrenten ist kompliziert und weist zahlreiche Fallstrike auf, die den Übernehmer bei fehlerhafter Gestaltung teuer zu stehen kommen und auch bei dem Übergeber zu unbeabsichtigten steuerlichen Belastungen führen kann Der Sonderabgabenabzug ist seit 2008 beschränkt auf bestimmte Fallgruppen und die frühere Unterscheidung zwischen Leibrente und dauernder Last entfallen.
Kauf des Unternehmens
Hierbei wird grundsätzlich zwischen einem Anteilskauf (Share Deal) und einem Unternehmenskauf (Asset Deal) unterschieden. Bei einem Share Deal werden beispielsweise die Anteile an einer Kapitalgesellschaft (Bsp.: GmbH) übertragen. Achtung hier ist eine notarielle Beglaubigung des Vertrags notwendig! Bei einem Asset Deal werden hingegen konkrete Unternehmensteile (Maschinen, Inventar usw.) aus dem Unternehmen herausgekauft. Dies kann sich insbesondere dann anbieten, wenn dem Erwerber nicht ein, mit Verbindlichkeiten belastetes Unternehmen übertragen werden soll und er Erwerber stattdessen mit den erworbenen Unternehmensgegenständen einen „Neustart“ wagen will.
Kaufverträge können zwar nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch grundsätzlich formlos abgeschlossen werden. Aus Beweisgründen sollte aber immer ein schriftlicher Vertrag gefertigt werden. Bei Übertragung von Immobilien ist die notarielle Beurkundung des Kaufvertrags erforderlich, ebenso bei der Übertragung von GmbH Anteilen.
Hinweis auf Teil 2 :Haftungsrisiken ??
Der Autor ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht und Verkehrsrecht in Heidelberg